Unsere Tiere sind artgeschützt und unterliegen besonderem Schutz. Aber wie viel Artenschutz steckt tatsächlich hinter den Vorschriften, welche man einhalten muss?!
Wie Sie bereits in der Einleitung gelesen haben, bin ich sehr erfahren in der artgerechten Schildkrötenhaltung. Dadurch, dass diese Tierart artgeschützt ist, unterliegen sie besonderen staatlichen Auflagen. Dass der Staat am Artenschutz interessiert ist, ist sehr löblich. Die Umsetzung erinnert jedoch alles andere als an tatsächlichem Tierwohl oder Artenschutz.
Ich wiederhole gern nochmal: Überspringen Sie nicht diesen eventuell langweiligen Teil, denn staatliche Vorgaben, die von Ihnen unterstützt, umgesetzt, … oder auch ignoriert werden, gehören zu Ihren Aufgaben. Einfach wegschauen, nur weil es Sie nicht interessiert, gilt nicht. Es sei denn, Sie lösen die ganze Bürokratie auf, … dann haben Sie tatsächlich weniger Arbeit, .. und wir auch. Anders herum sollte die Machtposition aber auch nicht im negativen Sinne ausgenutzt werden.
In Deutschland hatte ich pro Jahr durchschnittlich 2-5 Nachzuchten, welche ich gezielt ausgebrütet und nach Ende der ersten Winterstarre in artgerechte Hände gegeben hatte. Aufgrund dessen, dass das Finanzamt mir jedoch große Steine in den Weg legte, hörte ich auf. Einfach erklärt wurde aufgrund der Vermutung, ich könne über 50 Schildkröten verkaufen, insbesondere weil ich medial bekannt war, entsprechend ein gewerbliches Interesse vorgeworfen, dem ich nur „entkommen“ konnte, indem ich komplett aufhöre, was mir nicht gelang, weil bis heute die Elterngeldstelle den Nachweis der nicht vorhandenen Einnahmen verlangt. Es sollte schließlich kein Gewerbe sein mit wirtschaftlichem Interesse, sondern ein “Nebenprodukt” meines Hobbys in Verbindung mit wertvoller Aufklärung. Seither weichen die Interessenten ohne mein Angebot nun also auf nicht-artgerechte Zucht aus.
Hier in Österreich wollte ich eine kleine, liebevolle, artgerechte Zucht wieder aufnehmen, zumal man hier im Burgenland keine Möglichkeit hat, an artgerechte Züchter zu geraten. Es gibt auch kein Tierheim. Die wenigen Züchter, die unter Auflage behördlicher Dokumente bei willhaben inserieren dürfen, setzen zum größten Teil keine artgerechte Haltung um, sofern man es anhand der Bilder einschätzen kann. Falscher Bodengrund, falsche Ernährung, falsche Temperaturen, Verzicht auf Winterstarre, … es läuft viel zu viel schief. Aber es interessiert niemanden, weil die Papiere vorhanden sind. Bürokratie ist eben wichtiger als die Realität, wie wir immer wieder festgestellt haben und im Laufe des öffentlichen Briefes weiter feststellen werden.
Viele Mitarbeiter (Tierschutz, Cites Mitarbeiter, …) waren bei mir in Reinersdorf vor Ort. Alle Papiere wurden angeschaut, alle Schildkröten durchgezählt. Es waren nette Gespräche. Aber: Die Mitarbeiterin des Tierschutzes beschwerte sich über die nicht weit entfernte Tierhalterin, welche geretteten Schweinen ein wunderbares Zuhause bietet. Sie hat eine tolle Bindung zu den Tieren und eine gute Haltung. Die Tierschützerin findet sowas nicht gut, schließlich seien es Nutztiere. Was bitte hat denn das mit Tierschutz zu tun? Artgerechte Schweinehaltung ist nicht gut, weil Schweine nicht als “Haustier”, sondern auf den Teller gehören? Diese Frau setzt sich ernsthaft für den Bereich Tierschutz ein?
Aber damit nicht genug. Nicht alle meine Tiere verfügen über die Cites. Manche Tiere sind Importtiere aus den 50er Jahren, es sind noch reinrassige, wertvolle Wildfänge. Damals war das noch erlaubt. Ich habe sie legal erhalten und seit Jahren im Bestand. Sie wurden mir damals von einer alten Frau unter Tränen übergeben, weil sie diese Tiere seit ihrem 6. Lebensjahr besitzt und die Tiere sie nun zu überleben scheinen. Mit diesen Tieren darf ich nicht mehr züchten, weil die Cites fehlen.
Die Tiere, die über Cites verfügen, sind zum Teil, sofern man es einschätzen kann, nicht mehr reinrassig. Das Unwissen über Unterarten führt dazu, dass heutzutage Züchter diese wild mischen können. Ein tatsächlicher Artenschutz besteht somit nicht (mehr). Ich würde gern den Artenschutz unterstützen, indem ich mit den reinrassigen Tieren züchte, mit den eventuellen Mischlingen nicht. Aber die Papiere besagen, dass man nur mit den Tieren, die Cites haben, züchten bzw. kommerziell nutzen darf. Um also eine legale Zucht umzusetzen, müsste ich die Tiere mit Cites trennen von denen, die nur einen Überlassungsvertrag besitzen. Man interessiert sich somit gar nicht für den tatsächlichen Artenschutz, sondern nur für Paragraphen. Man hatte mir also gesagt, dass wenn ich die Tiere nach Papieren trenne, dürfe ich (kommerziell) züchten. Auf meine Bemerkung hin, dass der Samen aber bis zu 5 Jahre gespeichert werden könne, reagierte man ein wenig, … wie soll ich sagen, erstaunt, verwirrt, überfordert, unwissend, … Eine Zucht direkt nach einer Papier-Trennung wäre somit zwar behördlich richtig, im Sinne der Nachzucht (nachweisbare Elterntiere) unsinnig. Wenn man nach Papieren trennen muss, dann müsste man diese Speicherfähigkeit auch berücksichtigen. Es ist also alles reine Theorie, und diese nicht einmal vollständig und gut durchdacht.
Auf unseren Vorschlag hin, ob man nicht individuelle Sondergenehmigungen ausstellen könne (ähnlich wie ich es in DE hatte), welche nur nach Besichtigung der artgerechten Haltung und ausreichend Kenntnis über die Tiere ausstellen kann, sagte man uns nur, man mache nur seinen Job und könne nichts gegen tun.
In Wien ist seit Jänner 2023 verpflichtend, einen Sachkundenachweis abzulegen. Prinzipiell ein guter Anhaltspunkt, allerdings bleiben die Ursachen schlechter Haltungsformen und überforderter Halter weiterhin bestehen. Zudem ist fraglich, warum jemand, der Schildkröten hält, die gesamte Terraristik und sogar Amphibienwissen sich aneignen soll. Das ist wie, wenn jemand einen Hundeführerschein machen möchte, jedoch einen Kurs über alle Säugetiere absolvieren muss.
Aber auch das Herausfinden zuständiger Behörden/ Adressen/ Ansprechpartner jener, die für An-, Ab- und Ummeldung zuständig sind, ist eine wahre Katastrophe hier in Österreich. Selbst mir als erfahrene Halterin ist es nahezu fast unmöglich, an die richtigen Stellen zu kommen, weil die Daten online nicht aktuell sind und man bei Nachfrage nur weiter geleitet wird an jemanden, der wiederum woanders nachfragen oder verweisen muss. Wenn man aber aufgrund des Behördendschungels seine Tiere nicht anmeldet oder Lücken aufweist, ist es die Schuld des Halters. Wir erinnern uns an das sich wiederholende Motto „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht“.
Also, man schmückt sich damit, diese Tiere unter Artenschutz zu stellen, aber die Art schützen will man eigentlich nicht. Weder interessiert man sich für die Haltung, noch für den Erhalt der reinen Rasse. Lieber mit Papieren, falsch gehalten und durcheinander gemischt, als artgerechte Haltung ohne Papiere.
Stellen Sie sich selbst die Frage: Ist das hier Artenschutz? Diese Tierquälerei (dass und wie die übliche Haltung schädigt, können zahlreiche Institute und Tierärzte bestätigen) in vielen, vielen Häusern interessiert niemanden, vermutlich weil Schildkröten einfach unwichtig sind. Eine Schildkröte schimpft nicht, verzieht keine Mimik, beißt oder bellt nicht. Sie leidet still. Auch hier wieder könnten wir eine Bereicherung sein, eine Vorbildfunktion für diese Tierart, aber stellvertretend für den allgemeinen Artenschutz. Doch Sie möchten die Gruppe, um züchten zu dürfen, lieber so trennen, dass die Papiere zusammen passen und nicht so, dass die Tiere zusammen passen.
Und was ist, wenn ein „Unfall“ passiert, sodass es zu ungewollter Nachzucht kommt? Genau das Problem habe ich aktuell: Ich sitze auf 10 Nachzuchten, die mir einfach „über den Kopf wachsen“. Weder darf ich sie auf Plattformen inserieren, noch anderswo öffentlich zur Abgabe bekannt geben. Selbst wenn ich allen Paragraphen (Schenkunsgvertrag usw.) nachkomme. Auffangstationen gibts in der Nähe nicht. Eine gesetzliche Grundlage konnte man, wie gewohnt, nicht nennen. Aber ich bin eben nur „der kleine Bürger“, der sich den Vorschriften, ob vorhanden oder nicht, zu unterwerfen hat. Mit dieser Erfahrung muss ich sagen: Ich verstehe, warum etliche Tiere gar nicht gemeldet, Nachzuchten entsorgt oder ausgesetzt werden. Ja, das sind wirklich viele, das Einfrieren beispielsweise ist eine fürchterliche Folge verzweifelter Halter. Denken Sie an meine 16.000 köpfige Facebookgruppe. Ich habe viele private Nachrichten von Haltern, die ihre Tiere nicht gemeldet haben oder völlig überfordert mit dem Irrsinn sind. Ich kann meinen Tieren nicht gerecht werden, werde aber an einer Lösung massiv gehindert. Auch hier stellen wir wiederholt fest: Lösungsorientiertes Denken und Handeln ist nicht gewünscht. Unsinnige Paragraphen schon.
Behalten Sie im Hinterkopf, dass auch hier wieder überwiegend die Mitarbeiter der BH und Landesregierung ausschlaggebend sind für die Entscheidungen, was in Schildkrötenhaushalten passiert oder nicht passiert.
Wir halten fest: Die Einhaltung der Artenschutz Paragraphen steht über dem Erhalt des tatsächlichen Artenschutzes. Schließlich macht jeder nur seinen Job und niemand möchte für sein eigenes Handeln und für den tatsächlichen Artenschutz Verantwortung übernehmen. Zum Thema Verantwortung kommen wir später noch zu sprechen.